Maria Fröhlich
Bewohnerin von Noorder Poort: 2002 bis 2011
Heutiger Beruf: Shiatsu-Masseurin, Klangkünstlerin und Inhaberin von Golden Touch Home, Praxis für Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung.
Wie profitierst du in deinem heutigen Leben von dem Zentraining?
Als ich im Januar 2011 nach Deutschland zurückkehrte, bin ich sofort nach Fulda, eine Stadt in der Mitte von Deutschland, gezogen. Ich habe sofort meine Gesundheitspraxis GoldenTouch Home (Durch die goldene Berührung sich in sich selbst zu Hause fühlen) aufgebaut. Das war natürlich im Alter von 54 Jahren ein Wagnis. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie ich das machen musste. Welche rechtlichen Vorgaben eingehalten werden mussten, wie man Werbung und Buchhaltung macht und wie ich in einer mir unbekannten Stadt Bekanntheit erlange.
Es war eine sehr aufregende Zeit mit vielen Widerständen, Suchen, Hoffen und Finden.
Aber mein Grundgefühl war eine große innere Sicherheit und Überzeugung, dass ich das Richtige tue.
Ich habe bei Schwierigkeiten immer gedacht: „Ich lasse mich von all diesen Problemen nicht beeindrucken, ich stehe diese Zeit durch und setze meinen eingeschlagenen Weg fort.“
Auch wenn dieses Gefühl der Sicherheit und Richtigkeit heute nicht mehr so oft abgefragt wird, so ist es doch immer vorhanden. Bei Schwierigkeiten kann ich spätestens in der Meditation in dieses Vertrauen zurückkehren. Das ist der starke Einfluss meiner Zen-Jahre auf mein heutiges Leben.
Gleichzeitig ist in mir eine große Dankbarkeit, die Melodie meines Lebens, die in meinem Dharma-Namen „Bliss of Giving“ mitschwingt, in allen Begegnungen und Tun erklingen zu lassen.
Was war der schönste und was der schlimmste Moment in deinem Zen-Training?
Das finde ich eine schwierige Frage, weil ich rückblickend mich an gar keine gefühlsmäßige Einzelsituation erinnere, die diese Extreme kennzeichnet.
Natürlich gab es viele schwierige und viele glückliche Momente. Die Verzweiflung an dem Koan, das nicht immer leichte Miteinander mit den BewohnerInnen, die Verantwortung als General Housekeeper.
Auf der anderen Seite auch die friedvollen und verständnisvollen Begegnungen mit den BewohnerInnen und die Vertrautheit mit den Gästen. Aber auch die Atmosphäre, die sich natürlicherweise bei Zen-Übenden unter der Leitung von Jiun Roshi einstellt. Die ausgleichende Arbeit im Garten und der Wandel in der Natur und in mir selbst.
Meine Haupterinnerung ist, dass ich mit dem ersten Sehen von Noorder Poort innerlich wusste, hier ist der Ort, wo ich sein will. Und während der vielen Jahre war mein Grundgefühl: Hier ist der Ort, wo ich jetzt hingehöre und das Glück erlebe, egal, was passiert.
Warum bist du weggegangen?
Der Entschluss, mein Zen-Training auf Noorder Poort zu beenden, ist im Laufe der Zeit entstanden.
Ich habe mich auf Noorder Poort mit all meiner Kraft eingesetzt, was meine Zen-Praxis und auch meine langjährige Stellung als General Housekeeper betraf. Nach mehr als 8 Jahren reifte dann der Wunsch, dass ich wieder nach Deutschland zurück gehen wollte, um — wie das 10. Bild des Ochsen-Zyklus zeigt — zurück auf den „Marktplatz“ zu gehen. Ich war neugierig, wie ich im „alltäglichen“ Leben meine Erkenntnisse bzw. inneren Veränderungen in der „Welt“ leben werde.
Außerdem entwickelte sich immer stärker der Wunsch in mir, mit den Gaben, die ganz meinem Wesen entsprechen, zu leben. Shiatsu-Massage und Klangkonzerte und Zen-Meditation zu einem Beruf zu verbinden.
Interessanterweise habe ich meinen Entschluss nach einem Besuch bei meinen kranken Eltern am 16. Oktober 2010 mit Jiun Roshi besprochen. Während dieses Gesprächs wurde mir mitgeteilt, dass es meiner Mutter schlechter ging. Und sie ist tatsächlich während dieses Tages verstorben.
So war dieser Tag eine bedeutende Zäsur: Der Abschied als Tochter meiner Mutter. Das Einleiten des Abschlusses meines Zen-Trainings und der Anfang eines Neubeginns, auch wenn ich erst Anfang Januar 2011 Noorder Poort verließ. Vergehen und Entstehen im gleichen Moment. Klingt doch sehr Zen-mäßig, oder?
(Übersetzung aus dem Niederländischen: Marie Louise Linder)
Quelle: Maria Fröhlich, ZenLeven Herbst 2021
Voriger: Cheward Roman
Folgende: Taido Howden