Cheward (rechts) mit Shin-Yō (ca 2001)

Che­ward (rechts) mit Shin-Yō (ca 2001)

Cheward Roman

Be­woh­ner von Noor­der Po­ort: 2000 — 2003
Der­zei­ti­ger Be­ruf: Clown

Wie pro­fi­tierst du in dei­nem heu­ti­gen Le­ben von dem Zentraining?
Das Zen­trai­ning hat bei mir nie auf­ge­hört. Ei­gent­lich kann man sa­gen: Ich war nie weg. Ich ha­be nicht auf­ge­hört zu prak­ti­zie­ren. Die in­ne­re En­er­gie aus der Zeit, als ich auf Noor­der Po­ort im Trai­ning war, ist im­mer noch in mir, und sie hält im­mer noch an. Ich put­ze im­mer noch die Toi­let­te, ich wa­sche im­mer noch mei­ne Wä­sche. Al­les von da­mals geht noch weiter.

Was war der schöns­te und was der schlimms­te Mo­ment in dei­nem Zentraining?
Die här­tes­ten und schwie­rigs­ten Mo­men­te des Zen-Trai­nings wa­ren die, in de­nen ich mit mir selbst kon­fron­tiert wur­de. Me­di­ta­ti­on war für mich oft ei­ne Kon­fron­ta­ti­on mit dem, was ich “mei­ne Teu­fel” nen­ne. Oder mei­ne dunk­le Sei­te. Aber sie wa­ren auch der Zu­gang zur Be­frei­ung von ih­nen. Mir wur­de klar, dass ich ih­nen nicht ent­kom­men konn­te. Und ich woll­te nicht flie­hen. Und so konn­te ich mich da­von befreien.

Es gibt vie­le lus­ti­ge und amü­san­te Mo­men­te, an die ich mich aus den drei Jah­ren, die ich auf Noor­der Po­ort ge­lebt ha­be, er­in­ne­re. Ei­ner war um sechs Uhr mor­gens. Ich war Sho­ji und brach­te den Tee ins Zen­do. In ei­ner die­ser gro­ßen Ther­mos­kan­nen. Und man ver­beugt sich im­mer vor dem ers­ten in der Rei­he. Das ha­be ich ge­tan, und der ers­te, der sich ver­beug­te, kam frü­her als ich wie­der hoch und schlug mit dem Kopf ge­gen die Ther­mos­kan­ne. Und ich muss­te so sehr la­chen. In die­sem Mo­ment konn­te ich nicht auf­hö­ren zu la­chen. Ich fand das so lus­tig. Die gan­ze At­mo­sphä­re ei­nes to­ten­stil­len Zen­dos, früh am Mor­gen. Al­les ist still und al­le sind sehr ernst, und plötz­lich “bumm!” Der Kopf ge­gen die Thermoskanne!

Ein an­de­rer Mo­ment war wäh­rend der Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft 2002. Zu die­ser Zeit fand ge­ra­de ein Sess­hin statt. Und so konn­ten wir kein Fuß­ball­spiel se­hen. An die­sem Abend spiel­te Spa­ni­en ge­gen Deutsch­land oder ge­gen die Nie­der­lan­de, ich weiß es nicht mehr. Auf je­den Fall woll­ten Ho­zan und ich un­be­dingt wis­sen, wie das Spiel aus­ge­gan­gen war. Und so gin­gen wir nach dem of­fi­zi­el­len En­de des Ta­ges zu dem Schrank ge­gen­über von Zim­mer 15, wo ein Ra­dio stand. Auf die­se Wei­se konn­ten wir heim­lich die Er­geb­nis­se hören.

Ein drit­ter lus­ti­ger Mo­ment war mit Ire­tsu. Sie muss­te mir er­klä­ren, wie die Wä­sche­rei funk­tio­niert. Und sie tat dies mit gro­ßem Elan. Nur… ich ver­stand kein Deutsch, und sie sprach kein Eng­lisch. Al­so re­de­te sie min­des­tens 45 Mi­nu­ten lang auf mich ein … auf Deutsch.… und ich ver­stand kein Wort. Und das war so ei­ne lus­ti­ge Si­tua­ti­on, wir bei­de in die­sem Wasch­raum, und wir konn­ten kein Wort von­ein­an­der verstehen.

Cheward mit Taido, links, bei einem Volksfest, ca. 2011

Che­ward mit Tai­do, links, bei ei­nem Volks­fest, ca. 2011

War­um bist du gegangen?

Ich ha­be mich ganz dem Zen­trai­ning hin­ge­ge­ben, aber ich hat­te das Be­dürf­nis, mehr mit mei­nem Kör­per zu ma­chen. Das war, was ich wirk­lich ver­misst ha­be. Aus­druck des ei­ge­nen Kör­pers. Ich ha­be dann ei­ne Frau, die oft nach Noor­der Po­ort kam und Tanz­leh­re­rin war, ge­be­ten, mir Tan­zen bei­zu­brin­gen. Und das ge­schah. Und ich ha­be mich to­tal in das Tan­zen ver­liebt. Al­so dach­te ich: Ich muss wei­ter­tan­zen. Aber in der Zwi­schen­zeit ha­be ich auch Toon Maas ge­trof­fen. Er ist Clown. Und das hat mich noch mehr be­rührt als das Tan­zen. Und so frag­te ich Ji­un Ro­shi, ob ich ei­nen Work­shop mit ihm ma­chen könn­te. Das war mög­lich. Ich ha­be an ei­nem Wo­chen­en­de an ei­nem Clown-Work­shop in Til­burg teil­ge­nom­men. Und dann spür­te ich tief in mir, dass ich das tun musste.
Zen ist na­tür­lich et­was an­de­res als Clown zu sein. Aber für mich ist die En­er­gie die glei­che. Das Wich­tigs­te so­wohl im Zen als auch in der Clow­ne­rie ist, dass man in al­lem man selbst ist. Dein wah­res Ge­sicht zei­gen. Mit all dei­nen schö­nen und we­ni­ger schö­nen Sei­ten. Ich nen­ne das, wenn ich ei­nen Work­shop ge­be: “To be to­tal­ly na­ked.“ Völ­lig nackt sein. Im über­tra­ge­nen Sin­ne frei­lich, das ist das Schöns­te, was es gibt.
Je­den­falls woll­te ich wei­ter Clown sein und fand her­aus, dass es auf Ibi­za ei­ne Clown-Aus­bil­dung gab. Da­für ha­be ich mich an­ge­mel­det: Ich be­schloss, Noor­der Po­ort zu ver­las­sen und die Clowns­aus­bil­dung in Spa­ni­en zu machen.

(Über­set­zung aus dem Nie­der­län­di­schen: Ma­rie Loui­se Linder)

Quel­le: Che­ward Ro­man, Zen­Le­ven Herbst 2021

Vo­ri­ge: Do­shin Houtman

Fol­gen­de: Ma­ria Fröhlich