Doshin Houtman
Bewohnerin von Noorder Poort: 1999 bis 2004
Doshin war ihr offizieller Name als Unsui und auch als Dharma-Lehrerin (ernannt 2002)
Beruf: Dharmalehrerin in der Vipassana-Tradition
Wie profitierst du in deinem heutigen Leben von dem Zentraining?
Das Zentraining wirkt noch stets nach. Ich möchte ein paar Dinge hervorheben:
Prabhasa Dharma Roshi fragte mich einmal: “Wo ist der Regenschirm?” Ich sagte: “Ich glaube, er ist im Auto.” Dann sagte sie: “Du sollst nicht glauben, sondern sicher sein. Wenn du es nicht weißt, sag: ‘Ich weiß es nicht´. Bei den Tatsachen bleiben und nichts im Kopf produzieren, das ist es, was ich im Alltag immer noch mitnehme.
Ich habe auch viel bei den Nachtsitzungen gelernt, dem Sitzen und Gehen durch die Nacht am Ende eines Retreats. Für die Unsui war das keine Wahl, sondern ein Muss. Meistens gab es während einer solchen Nacht eine Leidensphase, die sehr unangenehm war. Doch die Nacht verging wieder. Und dann kam ein weiterer Tag des Trainings ohne Schlaf. Auch das hat sich als machbar erwiesen. Das hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben. Selbst jetzt, wenn die Dinge unangenehm sind, weiß ich: OK, das geht vorbei, das ist machbar, bleib einfach präsent und atme weiter.
Und schließlich: während meiner Trainingszeit auf Noorder Poort gab es einen sehr alten Heizkessel der Zentralheizung und die heizte nur minimal. Und morgens im Winter gingen wir draußen ohne Mantel Kinhin. Brrrrr! Da gab es viel Widerstand, sich gegen die Kälte zu schützen. Weil das auch sehr unangenehm ist, beschloss ich eines Morgens, mich zu entspannen und die Kälte ganz zu spüren. Ah, ein himmelweiter Unterschied und noch immer interessant.
Was war der schönste und der schlimmste Moment in deinem Zentraining?
Ich kann keinen schlimmsten Moment ausmachen. Ich erinnere mich an einen sehr unangenehmen Moment nach einem Retreat im Sommer. Es gab schon viele Retreats mit wunderbaren Erkenntnissen. Auch hier hatte ich mein Bestes getan, aber es gab keinerlei Einsicht. Ich fühlte mich wie ein totaler Versager und habe mich nicht getraut, es jemandem zu sagen. Auf die Frage: “Und wie war dein Retreat?”, antwortete ich: “Großartig!” Nun, das war es nicht.
Es gab viele schöne Momente. Zum Beispiel die Begebenheit, dass die Zen-Meisterin gelegentlich für die Bewohner kochte — sowohl Prabhasa als auch Jiun Roshi taten das. Das Essen war etwas Besonderes, mit besonders leckeren Sachen, wirklich ein Genuss. Aber vor allem war es schön, von seiner Zen-Meisterin auf diese Weise umsorgt zu werden.
Außerdem brachte Shinsei Nicolai einmal im Winter Thermo-Unterhemden für alle Unsuis mit. Das war auch für mich ein kleines Highlight.
Warum bist du gegangen?
Nach fünf Jahren Leben auf Noorder Poort stellte sich die Frage: Wie nun weiter? In einem nächtlichen Traum sagte eine klare Stimme, dass ich in Tilburg Vipassana machen würde. Ich bin dieser Stimme gefolgt, und das tue ich auch jetzt.
(Übersetzung aus dem Niederländischen: Marie Louise Linder)
Quelle: Doshin Houtman, ZenLeven Herbst 2021
Voriger: Robert Gantke
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