In diesem Sommer nahm Jacky Limvers am Frühjahrstraining auf Noorder Poort teil und blieb danach noch einen Monat länger. In dieser Zeit besuchte sie auch ein Stille-Retreat unter der Leitung von Ciska Matthes und Stef Lauwers. Seit vielen Jahren kommen die beiden nach Noorder Poort, um an Sesshins teilzunehmen. Ciska ist unter anderem auch Achtsamkeits-Trainerin, Yogalehrerin und besucht regelmäßig den Advaita-Lehrer Mooji in Portugal. Stef ist buddhistischer geistlicher Beistand in einem Pflegeheim. Einige Male im Jahr bieten sie eigene Stille-Retreats auf Noorder Poort an, die Meditation wechselt ab mit Yoga und Qigong. Jacky Limvers beschreibt hier ihre Eindrücke über diese für sie neue Art des Übens.
Du bist schon da
Von Jacky Limvers
Wir stehen im Kreis vor dem Eingang von Noorder Poort. Stef hat gerade unsere Handflächen desinfiziert. Wir reichen uns die Hände, und in dieser Verbundenheit erklingt ein vielstimmiges, anschwellendes OM. Es ist sechs Uhr früh. Langsam gehen wir den Butenweg Richtung Süden entlang. Ab und zu bleiben wir stehen, um aufmerksam zu schauen. Ein Schwarm Krähen, ein Feld, zwei neugierige Pferde. Auf einem schmalen Pfad zwischen Weideland und Bäumen kommt das Gehen wieder ganz langsam in Gang. Ciska folgend gehen wir wie Limbotänzer unter einem Spinnennetz durch.
Wir rezitieren die niederländischen Mahlzeitverse. Danach wird angesagt, welcher Tisch als erstes zum Buffet gehen kann. Das Ritual ist den BewohnerInnen auf Noorder Poort abgeschaut, ich habe es schon verinnerlicht: Rasch aufstehen, zum Buffet gehen, sich bedienen. Meine beiden Tischnachbarn sind viel langsamer als ich. Sie schleichen mit ihren Tabletts hinter mir her. Sobald ich am Tisch zurück bin, verbeuge ich mich und greife zu. Erst später in der Woche merke ich, dass sie sich auch zu einander und zu mir verbeugen, bevor sie mit dem Essen beginnen.
Das Programm hängt an der Wandtafel. Die Zeiten werden genau eingehalten, aber was wir machen, ist nicht immer vorher bekannt. Es ist eine Übung im Loslassen, im Nicht-Wissen, doch bekommt man rechtzeitig die Informationen, ob man z.B. eine Yogamatte mitnehmen oder die Wanderschuhe anziehen muss. Nicht alles vorab kontrollieren wollen, sondern vertrauen. Nach einem Tag bin ich drin. Es bedeutet aber auch, dass Änderungen vorgenommen werden können. An einigen Tagen in dieser Woche ist es ziemlich heiß. Stef begleitet den Bodyscan, als die Energie am Nachmittag auf sehr niedrigem Niveau ist.
An einem heißen Tag sitzen oder liegen wir mittags im Garten auf Decken. Stef holt seine Gitarre und wir singen Mantras. Wer will, kann die Melodie ganz einfach mitsingen. Die helle Stimme von Ciska hilft dabei, den Ton zu halten. Die Eiche im Garten hört immer wieder, wie die Namen von Sitaram, Ganesha und Krishna erklingen. Danach ertönt die Essensglocke, und wir machen Picknick.
Während der Meditation im Zendo sitzen wir im Kreis. Alle Haltungen sind erlaubt, jedoch soll man sich nicht zu viel bewegen. Ab und zu legt sich jemand hin. Ciska leitet die Meditationsphasen, im Laufe der Woche mit immer weniger Worten. Manchmal zitiert sie Vorträge von Mooji. Sie lädt uns ein, „einfach hier zu sein“, wahrzunehmen, was hochkommt, Gedanken oder Sinneseindrücke. „Alles was du wahrnimmst, bist nicht du. Du bist nur Gewahrsein.“ Eine Teilnehmerin erzählte später, wie befreiend das für sie war, um den Druck zu meditieren loszulassen. „Du bist schon da“: es gibt nichts zu erreichen, nicht zu tun. Es ist wie Zen, aber doch nicht genauso. Es wird von innen heraus still.
Es ist eine Arbeitswoche, das tägliche Saubermachen oft unter Anleitung von Noorder Poort BewohnerInnen. Jemand wird aus der Küche geschickt, die Glocke hatte noch nicht geschlagen. Die Anweisungen sind ganz klar, ohne Spielraum. Später erzählen TeilnehmerInnen, dass sie auch dadurch viel gelernt haben. Während der Arbeit läutet Ciska ein Glöckchen. Wir unterbrechen kurz die Arbeit um innezuhalten.
Unter der Leitung von Stef machen wir Gehmeditation. Einige gehen barfuß. Über die Kinhinpfade, durch den Garten, auf dem verdorrten und piksenden Gras. Eines Abends fährt Nachbar Klaas, der oft auf Noorder Poort ist, mit seinem Mofa vorbei und winkt uns mit ausgestrecktem Arm aus der Ferne zu.
Jeden Morgen machen wir Qigong. Nach der Kaffeepause Hatha Yoga. Am Abend manchmal eine Yin Yogastunde. Ciska ist eine begnadete Dozentin. Eine schöne Abwechslung für den Körper, denn wir sitzen auch viel. Yoga ist manchmal auch eine Gelegenheit, um miteinander Spaß zu haben, wenn wir eine unmögliche Haltung einnehmen sollen. Wir fühlen uns stets vertrauter miteinander, obwohl wir nicht sprechen. Durch Yin Yoga ist der Schlaf tief und entspannt.
Donnerstagmorgen wird angekündigt, dass wir unter der Leitung von der Noorder Poort Bewohnerin Modana im Gemüsegarten arbeiten dürfen. Einige TeilnehmerInnen freuen sich sehr darauf. Mir gefällt es nicht so, weil ich während meiner Zeit hier schon viele Stunden im Garten gearbeitet habe. Aber das Universum ist mir gut gesonnen: Um halb zwei setzt ein Starkregen ein…
Wir gehen… meditieren!
Bei der Abschlussrunde teilen wir unsere Erfahrungen. Die Offenheit aller beeindruckt mich: Schwierigkeiten und Einsichten werden geteilt. Wer Kummer hat, bekommt Unterstützung von den anderen. Oder von denjenigen, die Ruhe und Gleichmut ausstrahlen. Alles in Stille. Ich erzähle vom Segen des Universums, den ich dadurch erfahren habe, dass der Regen die Arbeit im Gemüsegarten verhinderte. Ich entschuldige mich aber auch bei denjenigen, die das sehr schade fanden. Eine Teilnehmerin sagte, was für eine große Enttäuschung es für sie gewesen ist. Ciska hat uns nachmittags zum Einzelgespräch empfangen. Erst empfing sie mich (glücklich) und dann die enttäuschte Teilnehmerin, die sehr verärgert war. Buddha mit dem Sonnengesicht, Buddha mit dem Mondgesicht.
Der Abschied war herzlich. Einige TeilnehmerInnen sagen, wie sehr die Strukturiertheit von Noorder Poort sie beeindruckt hat und ihnen eine Stütze war. Sie loben die Sorgsamkeit der BewohnerInnen, ihre Aufmerksamkeit und ihre Kochkunst. Wir erweisen Ciska und Stef unsere Dankbarkeit für die inspirierende Begleitung und die entspannte Atmosphäre. Es war eine schöne, eine besondere Woche.
(aus dem Niederländischen übersetzt von Maria Fröhlich)
Quelle: Je bent al hier, ZenLeven Herbst 2022
Mehr zu den Angeboten von Ciska und Stef unter hetoogvandeorkaan.nl. Die Termine für die Programme in Noorder Poort 2023 sind der 10. bis 12. März, der 15. bis 17. September, gefolgt vom 17. bis 22. September und dem 3. bis 5. November.