Dichter im Zen

In un­se­rer Ru­brik Dich­ter im Zen ver­öf­fent­li­chen wir Ge­dich­te von Men­schen aus der Sang­ha. Dies­mal ein Bei­trag von Mo­ni­que Le­fer­ink op Rein­ink, der auch in Bui­ten On­ze Ge­dach­ten Is Ge­en Tijd, ei­ner Ge­­dicht-An­­tho­­lo­­gie über die Zeit, er­schie­nen im Go­­pher-Ver­­lag, ver­öf­fent­licht wur­de. Das Ge­dicht wur­de bei ei­nem Wett­be­werb ein­ge­reicht und er­hielt ei­ne lo­ben­de Er­wäh­nung. Und ein Bei­trag von Ten­jo.

Ensõ

Von Mo­ni­que Le­fer­ink op Reinink 
 
Al­le Bü­cher aus­ge­räumt, fal­len­des Licht
im Zim­mer, der Ruf ei­nes Vorübergehenden
schlägt Lö­cher in der Zeit
es gibt kein Kom­men, es gibt kein Gehen

sie trägt die Zeit in sich wie Wasser,
Licht färbt ihr Bett
ich schie­be ihr Kis­sen nä­her an den Mond heran
bis ir­gend­wo ein Mund uns verlässt

wie wir Mur­meln im Hin­ter­hof vergruben
für spä­ter, ei­ne Fla­sche ins Meer warfen
wer war­tet auf der an­de­ren Seite
der Gegenwart

stol­pert, öff­net ein Fens­ter, wagt sich
oh­ne Au­gen­bin­de, sieht
wie sie dem Tod ver­traut, hinübergeht
wie für ei­nen Mo­ment das Was­ser vibriert
un­ter nied­rig flie­gen­den Gänsen.

(aus dem Nie­der­län­di­schen über­setzt von Ji­gen und John Koreman)

Kal­li­gra­fie von An­ne­ke Roozendaal

Individuelles Kinhin

Von Ten­jo Schroeder

Ich ge­he hinaus
Ein Vo­gel mit wip­pen­dem Schwanz
Pickt hef­tig um sich her
Wie­der und wieder

Vö­gel flie­gen aus dem ho­hen Gras
In die Bäu­me und dar­über hinaus
Frie­de steigt auf

Fel­der in au­ber­gi­ne, gelb und blass sandfarben
Ein ver­trock­ne­ter Regenwurm
Hat das an­de­re Ufer nicht erreicht

Er­trin­ken­de im Mittelmeer
Könn­ten wir bloß den Grund sehen
Und ih­re Na­men ehren

Bzzzzz zzz zzzzz
Hum­meln und Bie­nen ha­ben den Klee entdeckt
Als Kin­der saug­ten wir an den Blüten
Für ei­ne Spur Honig
Zu we­nig, um nun da­für noch in die Knie zu gehen

Die Frö­sche sind still
Die Vö­gel um­so weniger
Un­ge­niert, oh­ne Scheu vor der Mei­nung der Nachbarn

Klik klik klik …

Zeit, um her­ein zu gehen

(Über­setzt aus dem Nie­der­län­di­schen von Ma­rie Loui­se Linder)


Quel­le: Dich­ter bij zen, Zen­Le­ven Früh­jahr 2022