Zen in der Wildnis

von Dais­hin van Hoogdalem

Cam­ping in frei­er Wild­bahn? In den Nie­der­lan­den? Mit Zen kom­bi­niert? Ich wuss­te nicht, was ich im April im News­let­ter des Dhar­ma­huis Lee­u­war­den ge­le­sen ha­be. Gibt es das wirk­lich? Oh­ne zu zö­gern ha­be ich mich so­fort an­ge­mel­det und es nicht bereut.

Die ru­hi­ge Wo­che in der Na­tur fand in ei­nem Bir­ken­wald auf ei­ner Halb­in­sel am Ran­de der Ou­de Ve­nen un­ter­halb von Lee­u­war­den statt. Um dort­hin zu ge­lan­gen, fuh­ren wir vom ma­le­ri­schen Dorf War­re­ga mit dem Boot zwi­schen Wie­sen und Schilf zum Na­tur­park. Wir ha­ben die “nor­ma­le” Welt im­mer wei­ter hin­ter uns ge­las­sen. Als wir an Land gin­gen, er­war­te­te uns ei­ne Über­ra­schung: Der Grund der In­sel ist tor­fi­ger Bo­den. Mit je­dem Schritt fe­dert er ein we­nig mit.

Ein klei­ner Weg führ­te uns zu ei­ner Lich­tung im Bir­ken­wald. Dort konn­ten wir un­ser La­ger auf­schla­gen. Zum Wild­cam­ping ge­hört na­tür­lich auch ei­ne Au­ßen­toi­let­te. Und ich muss sa­gen, dies war ei­ne Toi­let­te mit der bes­ten Aus­sicht über­haupt: auf Bäu­me, Sträu­cher und Pflan­zen. Und ja, die Du­sche war auch wirk­lich drau­ßen. Bei­de mit ei­nem be­schei­de­nen Se­gel ge­schützt, aber mit ei­ner of­fe­nen Seite.

Das Camp

Die Au­ßen­toi­let­te

Die Ge­räu­sche der Vö­gel und das Ra­scheln der Bäu­me weh­ten so her­ein. Es war kein au­ßer­ge­wöhn­lich schö­nes Wet­ter in die­ser Au­gust­wo­che (ob­wohl es vor­her so heiß ge­we­sen war). Aber ehr­lich ge­sagt war das über­haupt nicht wich­tig. Denn das Plät­schern und Trop­fen des Re­gens, wäh­rend wir im Wald-Zen­­do sa­ßen, war ein wun­der­schö­nes Kon­zert, be­glei­tet von dem Duft nas­ser Er­de. Den gan­zen Tag drau­ßen zu sein öff­net wirk­lich al­le Sinne.

Die Zeit au­ßer­halb der Me­di­ta­ti­on und der Haus­ar­beit konn­ten wir uns frei ein­tei­len. Es war herr­lich zwi­schen Bü­schen und Bäu­men über die In­sel zu streu­nen, schon be­kam ich da­durch auch ein paar Auf­ga­ben. Schön war auch, ei­nen Platz am Was­ser zu fin­den, um in den tur­bu­len­ten Him­mel zu schau­en. Ich hielt ein Fern­glas in Reich­wei­te, um Ge­län­de­läu­fer, Bus­sar­de und an­de­re Vö­gel zu be­ob­ach­ten. Manch­mal ging ich durch Wie­sen und Schilf, um das Ver­hal­ten der Löff­ler et­was ge­nau­er zu un­ter­su­chen. Wuss­tet ihr zum Bei­spiel, dass sie ver­su­chen, sich ge­gen­sei­tig den Fisch aus dem Schna­bel zu stehlen?

Das Wald-Zen­do

Un­wet­ter zieht auf

Wir wa­ren ei­ne klei­ne Grup­pe (fünf Per­so­nen) und die­se In­ti­mi­tät pass­te sehr gut zu die­sem klei­nen Na­tur­schutz­ge­biet. Ten­jo, die die Wo­che be­glei­te­te, hielt je­den Tag beim Kaf­fee ei­ne klei­ne An­spra­che und er­mu­tig­te uns, die Um­ge­bung di­rekt mit un­se­ren Sin­nen zu er­le­ben. Wenn wir woll­ten, konn­ten wir die­sen Er­fah­run­gen durch Zeich­nen oder Schrei­ben Aus­druck ver­lei­hen. Dies führ­te zu wun­der­schö­nen im­pres­sio­nis­ti­schen Zeich­nun­gen und manch­mal auch sehr ge­nau­en Be­ob­ach­tun­gen. Wir ha­ben auch Hai­kus ge­schrie­ben, die wir uns ge­gen­sei­tig vortrugen.

Zeich­nung von Daishin

Son­nen­licht im Wald
zwei her­um­tol­len­de Schmetterlinge
Kei­ne Spur von Regen 

Kei­ne Spur von Hai­ku von Ten­jo Osho

Und zu gu­ter Letzt: Der Koch hat uns drei­mal am Tag ein köst­li­ches Es­sen ser­viert. Es war ein Wun­der, dass er sich in der Au­ßen­kü­che, die zum Teil un­ter star­ken Re­gen­fäl­len litt, so gut zu hel­fen wuss­te. Zum Glück war es oft tro­cken ge­nug und wir konn­ten drau­ßen es­sen. Am letz­ten Abend ha­ben wir ein Feu­er an­ge­zün­det, das noch lan­ge nach­glüh­te. Ge­nau wie mei­ne Er­in­ne­run­gen an die­se wun­der­vol­le Woche.

Möch­test du auch er­le­ben, wie es ist, ei­ne gan­ze Wo­che drau­ßen zu sein? Ten­jo or­ga­ni­siert im Au­gust 2020 ger­ne zwei Na­­tur-Re­tre­ats: vom 3. bis 7. Au­gust und vom 10. bis 14. August.

An­fra­gen und wei­te­re In­for­ma­tio­nen fin­dest du im Dhar­­ma-Haus.

Kü­chen­zelt und Esstisch

Der letz­te Abend

(aus dem Nie­der­län­di­schen über­setzt von Ma­rie Loui­se Linder)

Quel­le: Zen in het wild, Zen­Le­ven Herbst 2019