Dichter im Zen

Die­se Aus­ga­be ent­hält ei­ne neue Ru­brik un­ter dem Ti­tel „Dich­ter im Zen“ mit Ge­dich­ten von Sangha-Mitgliedern.
Hier zwei Ge­dich­te von Au­ke Leis­tra. In der Zen-Übung geht es um Be­frei­ung – und bei vie­len von uns, ist ein Aspekt da­bei, uns von den „Ge­spens­tern“ in un­se­rem Geist zu be­frei­en. Mit ge­nau die­ser Er­kennt­nis, dass es „Ge­spens­ter“ sind, fängt es an.

Mit Schlamm werfen

Was ma­chen wir mit Mut­ter an Weihnachten,
ist je­des Jahr ei­ne we­sent­li­che Fra­ge, we­sent­li­cher aber ist die Frage:
Was ma­chen wir mit Va­ter in sei­nem Grab?
Wer­den wir ihn wei­ter hassen,
so dass der Hass ihn wei­ter­hin überlebt,
und als un­ver­dau­li­cher Ball in un­se­rem Magen
für sau­res Auf­sto­ßen sorgt?
Oder sa­gen wir nach Jah­ren: Be­gra­ben wir ihn end­lich? Wer­fen Er­de darüber.

(Mit ei­ner Flut von Trä­nen ver­mengt fällt sie als Schlamm auf den Sarg.)

In meinem Grab

Je­der To­te wird tau­send Mal begraben:
Je­der gräbt ihm sein ei­ge­nes Grab.
Bei dem ei­nen liegt er ver­sun­ken in ru­hi­gem Schlaf,
bei dem an­de­ren heult er wie ein Sturm durch al­le Lö­cher und Höhlen.
In mei­nem Grab hat mein Va­ter zehn Jah­re lang kei­ne Ru­he gefunden.
Im­mer wenn er ein­zu­schla­fen drohte,
rüt­tel­te ich ihn auf und trieb ihn über die wil­den Wel­len mei­nes Geistes.
Dort geis­ter­te er ziel­los herum,
bis ich end­lich die Wor­te fand
und sie den Weg aus mei­ner Keh­le fanden:
Ru­he sanft, Vater!
Ru­he sanft!

Au­ke Leis­tra über­setzt aus dem Eng­li­schen ins Nie­der­län­di­sche und ist auch der End­re­dak­teur von Zen­Le­ven. Er sitzt in der Zen-Grup­­pe in Zwolle.

Bei­trä­ge für die Ru­brik “Dich­ter im Zen” kön­nen an ge­sen­det werden.

(aus dem Nie­der­län­di­schen über­setzt von Ma­ria Fröhlich)

Quel­le: Dich­ter bij Zen, Zen­Le­ven Früh­jahr 2021