Hans Reddingius (geb. 1930) war seit den 1970er Jahren von der japanischen Versform des Haiku fasziniert. Er ist seit vielen Jahren aktives Mitglied des Haiku-Kreises Niederlande, und sieben Jahre lang war er Chefredakteur des niederländisch-flämischen Haiku-Magazins Vuursteen. Seit 1998 praktiziert er Zen, u.a. in Retreats im Noorder Poort. Er betreut die Haikurubrik für ZenLeven.
Bildredakteur Ardan Timmer hat dieser besonderen Ausgabe auch auf besondere Weise Gestalt verliehen. Ardan’s Bilder finden sich im niederländischen Original des vorliegenden Textes.
Krankheit und Tod
Viele Menschen, so wie ich und vielleicht auch ihr Leser, lebten bis vor kurzem ruhig und sicher mit festen Gewohnheiten und ganz zufrieden.
Aber auf einmal tauchte ein Virus auf, der eine Pandemie verursachte. Er kam vermutlich aus China, so wie Zen. Krankenhäuser waren überfüllt, es gab zu wenig Schutzvorrichtung. Es gibt keinen Impfstoff, jeden Tag sterben Hunderte von Menschen. Selbst wenn dir noch nichts fehlt, ist die vertraute Sicherheit doch weg. Viele fühlen sich wie Menschen, die gerade erfahren haben, dass sie eine tödliche Krankheit haben.
segelnd auf offenem Gewässer
den Boden spüren
Uns wird geraten, drinnen zu bleiben und den Kontakt mit anderen Menschen zu meiden. Wir verfolgen die Nachrichten im Radio, TV oder Smartphone, aber zwischen den Nachrichten droht Einsamkeit.
höre ich, was hier vor sich geht.
Nur zwischenzeitlich.
Vor allem für Bewohner von Altersheimen, die ihre Kinder und Enkelkinder nicht mehr empfangen oder sie besuchen können. Mitbewohner sterben.
der Gärtner schneidet tote Zweige
aus den Beeten.
Einsamkeit gibt es zu allen Zeiten, und vielleicht auch nicht nur für Menschen, welchen Alters auch immer. Vor ungefähr zwei Jahrhunderten schrieb der japanische Dichter Kobayashi Issa:
die Herbstnacht wohl auch so lang
und so einsam?
Wer krank und einsam ist wie der japanische Dichter und Erneuerer Masaoka Shiki, zieht vielleicht einen gewissen Trost aus dem, was er noch um sich herum wahrnimmt.
schau ich da von Zeit zu Zeit nach -
Buschklee im Garten.
heute rieche ich
Holunderblüten
In Zeiten wie diesen wird uns deutlich, dass Tod und Leben zusammengehören wie Sonne und Wolken.
Mögt ihr alle frei von Angst bleiben und Frieden finden.
ist eine Welt des Taus –
aber doch, aber doch
Letztendlich – was bedeutet unser Ich-Sein?
umspült die Sandburgen –
Sand fließt zu Sand.
Die acht Haikus stammen der Reihe nach aus den folgenden Quellen:
1. Jac Vroemen, Domweg gelukkig. Marginale Uitgeverij Iris, 2019
2. W.J. van der Molen, Geeft ’t leven terug? Gedichten. De Beuk, Amsterdam 1982
3. Haiku Een kleine regenboog. Kairos, Soest 1993
4. Haiku Een jonge maan. Japanse haiku van de vijftiende eeuw tot heden. Keuze, inleiding en vertaling door J. van Tooren. Meulenhoff, Amsterdam 1973
5. Shiki, Geur van chrysanten. Haiku. Vertaald uit het Japans door Henri Kerlen. Kairos, Soest 1998
6. Wim Lofvers, SOMS weet ik het even. Een verzameling haiku. ‘t Hoge Woord, Bakhuizen 2006
7. Issa, Een druppel plukken. Haiku. Samengesteld en vertaald uit het Japans door Henri Kerlen. Kairos, Soest 2002.
8. W.J van der Molen, J. van Tooren en Bob Verstraete, Haiku Een vierkantje zon. Kairos, Soest 1984
(aus dem Niederländischen übersetzt von Marie Louise Linder)
Quelle: Ziekte en dood, ZenLeven Frühjahr 2020 v